Nachlese zum Workshop Alternativen zum Projekt Möbelhaus Höffner am Grunewald


Wir haben in einigen Treffen unsere Workshop resümiert und die Ergebnisse diskutiert. Hier ein zusammenfassender Rückblick .

Worum ging es?

Über 40 Teilnehmer – Mitglieder der Bürgerinitiative, Vertreter aus Politik und Verwaltung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf sowie Architekten und Stadtplaner – nahmen am Workshop der BI „Zwischen den Gleisen“ am 19. März 2013 im Gemeindehaus Eichkamp teil. In seiner Begrüßung betonte Christoph Flötotto von der BI und vom Siedlerverein Eichkamp, dass das Bauvorhaben eines großdimensionierten Möbelhauses an der Avus und zwischen kleinteilig angelegten Wohnsiedlungen nicht einfach ein Problem der direkten Nachbarschaft sei, sondern über die lokale Problematik grundsätzlich regionale Fragen der künftigen Stadtentwicklung aufwerfe. Die im August 2011 gegründete Bürgerinitiative habe viel Stärkung durch die Politik erfahren, deshalb sei man ermuntert, sich für eine grundsätzliche Diskussion über mögliche Nutzungsalternativen des in Frage stehenden, vormals von der Bahn genutzten Geländes Zeit zu nehmen. Da für das Bauvorhaben des Investors im Moment ohnehin keine Rechtsgrundlage vorliege, können sich betroffene Bürger, Politiker und Fachleute ohne Zeitdruck einen solchen Gedankenaustausch leisten.

Rahmenbedingungen

Einleitend gab Falk von Moers von der Bürgerinitiative einige Grundinformationen über die aktuelle Situation und die rechtlichen Rahmenbedingungen der geplanten Bebauung des Geländes. Dabei ergeben sich für die BI grundsätzlich negative Folgen für die Umgebung: Es droht der Verkehrsinfarkt am Funkturm, für Umwelt und Gesundheit drohen weitreichende Schäden, das geplante Bauprojekt ist Ausdruck städtebaulicher Fehlentwicklung und würde den innerstädtischen Handel in den umliegenden Geschäftsstraßen schwächen. Der Workshop sollte Ideen zu alternativen Nutzung des Geländes sammeln, das fachliche Wissen und die Kompetenz stärken und durch Vernetzung mit anderen Initiativen die Basis für politische Einflussmöglichkeiten erweitern.

Rechtslage

Rainer Latour gab in seiner Funktion als Leiter des Stadtplanungsamtes Charlottenburg-Wilmersdorf eine Einschätzung zur aktuellen Rechtslage des Geländes.  Handelte es sich zunächst um eine reine Fläche für die Nutzung der Bahn, so wurde nach dem Kauf durch die Firma Kurt Krieger die Möglichkeit eröffnet, das Gelände zu bebauen. Dazu bedarf es allerdings der Entwicklung eines Flächennutzungs- und Bebauungsplans,  bei dem die Vorgaben im Stadtentwicklungsplan Zentren 3 (STEP 3) in Bezug auf Fachmärkte zu beachten sind.

Wie geht Bürgerbeteiligung?

Grundsätzliche Überlegungen und Informationen, wie bei der Bürgerbeteiligung Projekte und Prozesse zu steuern sind, gab Florian Schmidt (Initiative Stadt Neudenken/Urbanitas), der in seinem Beitrag an Beispielen darstellte, wie aktive Bürgerbeteiligung erfolgreich durchgeführt werden kann. Das Ziel sollte immer sein, sich „auf Augenhöhe“ zur Politik zu begeben, was vor allem durch sog. „Konzeptverfahren“ mit Werkstattgesprächen und Dialogen bei Standortkonferenzen gelingt.

Planerische Rahmenbedingungen und alternative Nutzungen

Auf planerische Rahmenbedingungen und alternative Nutzungen ging Robert Slinger (KAPOK Architecture) ein. Durchlüftung des Geländes sei von großer Bedeutung für die Stadtökologie, weshalb auf Dichte und Lage der Bebauung, Versiegelung durch Parkplätze und Bepflanzung geachtet werden müsse. Auch den Lärm- und Emissionsbelastungen müssten durch geeignete Maßnahmen gegengesteuert werden. Bei der Errichtung von großflächigen Einzelhandelszentren müssen stadtverträgliche Lösungen unter Berücksichtigung des Stadtentwicklungsplans Zentren 3 (STEP3) entwickelt werden.

In einer ersten Diskussion wurden als Ideen für alternative Nutzungen eine Wohnbebauung angesichts des aktuellen Wohnungsbedarfs und die größere Berücksichtigung des Fahrradverkehrs ausgeführt.  Diese Ideensammlung wurde unter der Koordination durch Florian Schmidt in einem konzentrierten Brainstorming nach den Kategorien „Zielgruppen“ und „Innovationspotenziale“ weitergeführt.

Im letzten Referat wurden von Michael Schneidewind (BUND)  Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bei der Bauleitplanung erörtert, indem er von der  Kernfrage: „Wie erstellt und beschließt man einen Bebauungsplan?“ ausging. Grundsätzlich sei dabei die Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe von Anfang an die demokratische Basis für eine starke Positionierung einer Bürgerinitiative. Nur so können eigenen Vorstellungen in Diskurse eingebracht und berücksichtigt werden. Der Referent unterschied zwischen angebotsorientierten und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen. Beide Verfahren müssen so behandelt werden, dass private und öffentliche Belange gegeneinander abgewogen werden. Dabei geht es um das Ziel nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung, den Einklang von sozial-gerechten, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen sowie die Verantwortung für künftige Generationen.

 

In der Schlussdiskussion riet Rainer Latour, es sei ratsam, als Bezirk ein umsetzungsfähiges städtebauliches Konzept als Gegenposition mit anderen Gewichtungen zu den Plänen des Investors vorzuhalten. Marc Schulte (Stadtrat für Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten im Bezirk Chlbg.-Wilm.) machte für den Bezirk klar,  die vorgelegten Pläne des Investors für ein Möbelhaus nicht zu akzeptieren. Zu einer Wohnbebauung stehe er kritisch wegen der hohen Lärm- und Umweltbelastungen durch Bahn-und KFZ-Verkehr. Der Stadtrat hob hervor, dass der Workshop der Bürgerinitiative sehr hilfreich für das weitere Vorgehen des Bezirks im Diskurs mit den Bürger/innen sei.

 

Anhang: Folien der Referenten

Florian Schmidt: Bürgerbeteiligung

Michael Schneidewind (BUND): Bebauungsplan

Protokoll des Workshops